Besitz betäubt

Wenig zu besitzen ist nicht frei von Nebenwirkungen. Eine davon ist, dass freier Raum und freie Zeit viel Platz zum Nachdenken lassen.

Wenn wir uns dazu entscheiden, uns nicht mehr in Arbeit, Konsum und diverse Verpflichtungen zu stürzen, haben wir auf einmal viele freie Stunden für und mit uns selbst. Krimskrams und Termine kosten Zeit und Aufmerksamkeit. Sie betäuben uns, lenken uns ab.

Je aufgeräumter unsere Zimmer und Kalender sind, desto besser können wir uns fokussieren. Nichts lenkt uns von unserer geplanten Tätigkeit ab. Aber was ist, wenn wir einmal nichts zu tun haben? Wenn wir Leere spüren und nicht wissen, wie wir sie füllen sollen? Wenn wir von einem Gefühl der Einsamkeit heimgesucht werden, weil unsere ausgemistete Playstation unseren Mangel an Sozialkontakten nicht mehr ausgleichen kann? Wer ohnehin zum Grübeln neigt, verfällt dann vielleicht noch stärker in Tagträumerei und hängt sich an seinen Gedanken auf.

Beim Minimalisieren müssen wir uns immer auch fragen, was danach kommt. Was wir machen, wenn wir alle Zeitfresser eliminiert haben. Wenn wir unseren Besitz minimalisiert haben und uns nicht mehr um Kauf, Pflege und Wartung von Gegenständen kümmern müssen. Wenn wir durch das gesparte Geld vielleicht sogar weniger arbeiten müssen und somit noch mehr Freizeit zur Verfügung haben.

Was wollen wir tun, wenn wir nichts mehr tun müssen? Haben wir einen Plan für die Zeit danach? Oder sitzen wir dann auf einmal zwischen unseren weißen Wänden und wissen nicht, was wir mit unserer Zeit anfangen sollen?

Wofür wir uns dann entscheiden, ist ganz individuell. Einen Tipp kann uns niemand geben. „Probiere einfach vieles aus“ wäre wieder müssen. Wir können aber tun und lassen, was wir wollen. Was das ist, finden wir irgendwann selbst heraus. Vielleicht lümmelnd auf dem Sofa, sofern wir das nicht ausgemistet haben. Weil wir das gerade wollen. Oder im Gespräch mit Freunden. Die uns so viel wert sind, dass wir diesen Termin nicht aus unserem Kalender gestrichen haben.

Wie verbringst du deine durch den Minimalismus gewonnene Zeit? Hast du noch ein Sofa?

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