Ein gut gefülltes Bücherregal gehört für viele Leute zur Grundausstattung eines jeden Wohnzimmers. Es scheint, als hätte der Besitz vieler Bücher einen eigenen Wert. Denn Bücher machen nicht nur das Wohnzimmer wohnlich.
Durch die Auswahl unserer Bücher können wir uns als gebildet, kreativ, romantisch oder sonstwie darstellen. Bücher sind wie Pokale im Regal oder Bilder von uns an der Wand. Wir stellen sie uns ins Regal, damit unsere Besucher sie angucken können und sehen, was für ein Mensch wir sind. Oder zumindest sein wollen.
Wenn wir neben unseren Büchern auch etwas Immaterielles aus unseren Bücherregalen ziehen, fällt es uns natürlich schwer, einzelne oder gar alle Bücher auszumisten. Wir geben dann nicht nur die alten Schinken weg, sondern bilden uns ein, auch den Teil unserer Persönlichkeit oder unseres Ansehens gleich mit zu verbannen, für den das jeweilige Buch steht.
Um uns das Ausmisten etwas leichter zu machen, sollten wir uns zuerst einmal klarmachen, dass unsere Taten und Worte lauter sprechen als die Bücher in unserem Regal. Den Duden und einen alten Knigge im Schrank zu haben mag einen bestimmten Eindruck hinterlassen. Unser Wortschatz und Verhalten muss damit jedoch Hand in Hand gehen, um diesen Eindruck zu untermauern. Unsere Bücher sollten wir also nicht nur lesen, sondern auch leben, wenn wir sie als Ausdruck unserer Persönlichkeit im Regal für uns sprechen lassen wollen.
Spricht unser Verhalten hingegen eine andere Sprache als unsere Bücher, wirken wir schnell inkongruent. Wenn uns bei einem romantischen Abendessen zu zweit der versalzene Auflauf verkohlt, obwohl wir das halbe Regal voller Kochbücher stehen haben, können wir dieses kleine Malheur vielleicht noch auf unsere Nervosität schieben. Sofern den Rest unseres Bücherregals nicht Ratgeber über Dominanz und Selbstsicherheit zieren.
Ein Buch in unserem Regal ist ein Versprechen an unsere Besucher. Dieses sollten wir einhalten können, sofern wir das Buch als Symbol verwenden möchten. Können wir das nicht, sollten wir das Buch ausmisten.
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