Sachen schonen

Seit einiger Zeit fällt mir regelmäßig ein Porschefahrer auf. Ich sehe in häufig dabei, wie er seinen Porsche einparkt. Meist benötigt er selbst bei relativ großen Parklücken mehrere Versuche zum Parallel-Einparken. Er fährt so langsam und vorsichtig, dass man meinen könnte, er würde in einem rohen Ei sitzen.

Am Anfang musste ich immer darüber schmunzeln. Ein Kratzer im Lack ist zwar nervig und teuer, aber muss man mit seinem Auto deshalb wirklich so übertrieben behutsam umgehen?

Doch dann fiel mir ein, dass es mir mit einigen Dingen lange Zeit auch so ging. Und die waren nicht einmal halb so teuer wie ein Porsche.

Ich habe einen extrem bequemen Pullover viel zu selten getragen. Weil ich Angst hatte, dass er vom häufigen Waschen einläuft. Ein sehr wohlriechendes Aftershave habe ich nur stark unterdosiert aufgetragen, weil ich es nicht verbrauchen wollte. Es roch super, wurde aber nicht mehr produziert. Teilweise habe ich sogar anfangs leckere Süßigkeiten so lange gehortet, bis sie nicht mehr gut geschmeckt haben. Absolut absurd.

Wahrscheinlich hat fast jeder von uns solche sensiblen Sachen im Schrank. Ein Klassiker ist sicherlich Großmutters gutes Porzellan. Sobald das Geschirr auf den Tisch kommt, geht es nicht mehr um die Speisen darauf. Sondern nur noch darum, dass die Teller und Tassen heil bleiben. Jedes Einschenken einer Tasse Kaffee wird zu einer Zitterpartie. Natürlich auch, weil der gute Teppich nicht bekleckert werden darf und die Tischdecke frisch gewaschen ist.

Eine gewisse Vorsicht beim Umgang mit teuren oder liebgewonnenen Sachen ist natürlich nicht verkehrt. Sobald die Vorsicht allerdings die Freude an den Gegenständen (oder noch schlimmer: an den Momenten, die wir diese gemeinsam benutzen) übersteigt, sollten wir unsere Einstellung dazu überdenken.

Gebrauchsspuren lassen sich nicht vermeiden. Wir sollten den Fokus auf das legen, was wir durch die Benutzung gewinnen. Nicht auf den Verlust, wenn die Sache kaputt oder verbraucht ist. Und wir sollten das Ding dann auch wirklich im Alltag benutzen. Es für besondere Anlässe aufzubewahren oder zu schonen lässt zwar den gefühlten Wert etwas ansteigen. Wir laufen allerdings Gefahr, es nur sehr selten einzusetzen und uns somit etwas ins Haus zu holen, was nur rumliegt und was wir kaum nutzen.

Süßigkeiten verbrauche ich jetzt innerhalb kürzester Zeit. Mein Lieblingspullover hat vom häufigen Waschen tatsächlich etwas gelitten. Aber das war es wert, denn ich habe das Teil echt gerne getragen. Nur den Geruch nach dem Rasieren vermisse ich. Denn das Aftershave ist leider mittlerweile leer.

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