Viele Dinge schaffen wir uns an, damit sie einen primären Zweck erfüllen.
Die Bohrmaschine soll Löcher bohren und Schrauben eindrehen. Das Buch soll uns unterhalten oder lehren.
Die meisten Sachen haben allerdings noch einen sekundären Zweck. Sie loszulassen fällt uns häufig aufgrund dieses sekundären Zwecks schwer. Ein Gegenstand kann seinen sekundären Zweck erfüllen, auch wenn wir ihn ob des primären Zwecks gar nicht mehr brauchen.
Wir haben ein paar Löcher gebohrt und ein Regal an die Wand gehängt. Eigentlich könnten wir die Bohrmaschine jetzt ausmisten. Wahrscheinlich werden wir lange Zeit keine Löcher mehr bohren müssen. Aber wenn doch, dann brauchen wir eine Bohrmaschine. Also behalten wir sie. Das Gerät verspricht Sicherheit. Sicherheit ist der sekundäre Zweck.
Die meisten unserer Bücher lesen wir einmal, wenn überhaupt. Aber mit Machiavelli und Sunzi im Regal zeigen wir unserem Besuch, was für ein gewiefter Stratege wir sind. Während unser Tinder-Date vor dem Treffen noch schnell 50 Shades of Grey auffällig unauffällig auf ihrem Küchentisch plaziert hat. Mit unseren Büchern stellen wir uns dar. Das ist ihr sekundärer Zweck.
Wenn wir einen Gegenstand aus rationalen Gründen ausmisten wollen, weil er seinen primären Zweck erfüllt hat, uns aber einfach nicht davon trennen können, sollten wir immer nach dem sekundären und vielleicht sogar tertiären Zweck forschen. Wir sollten uns fragen, ob uns Sicherheit, Prestige oder die ungewisse Aussicht auf eine heiße Nummer mit Peitschen und Augen verbinden mehr wert sind, als unser Ziel einer minimalistischen Lebensweise.
Haben wir den sekundären Zweck gefunden, können wir nach einer Alternative zu dem Gegenstand suchen, die diesen Zweck ebenfalls erfüllt. Oder den Schritt wagen, bewusst eine Lücke zu lassen.
Wir gehen das Risiko ein, auf die Sicherheit einer Bohrmaschine zu verzichten. Dann hauen wir die Schrauben fürs Andreaskreuz zur Not halt mit dem Hammer rein. So kommen wir auch ohne entsprechende Literatur im Regal clever und sexuell deviant rüber.
Wie beeindruckst du deinen Besuch? Mit Eloquenz und Ordnung oder mit Gerümpel und Schmuddelbüchern?