Kaufen ist einfach

Kaufen ist einfach. Kaufen geht schnell. Kaufen gibt einen Kick.

Verkaufen ist schwer. Verkaufen kostet Zeit. Verkaufen bedeutet Trennung.

Um etwas zu verkaufen, müssen wir uns auf den Flohmarkt stellen oder eine Anzeige ins Internet. Im ersten Fall stehen wir uns einen Vormittag lang die Beine in den Bauch, im schlimmsten Fall bei Regen und Sturm. Im zweiten Fall müssen wir den Artikel fotografieren, gut beschreiben, verpacken und versenden. Auf jeden Fall müssen wir uns mit dreisten Feilschern herumschlagen, die uns nicht weniger betrügen wollen als wir sie.

Herauszufinden, was wir wirklich brauchen, kostet Zeit. Es ist ein Prozess. Der oftmals anstrengend ist. Im Gegensatz zur körperlichen beim Verkaufen steht bei der Identifikation der eigenen Bedürfnisse die mentale Arbeit im Vordergrund. Die allerdings einen wichtigen Teil zu einer aufgeräumten Wohnung beiträgt.

Je weniger wir kaufen, desto seltener spüren wir den Kick beim Kaufen. Je seltener wir uns diesen Kick gönnen, desto besser fühlt er sich an, wenn wir doch einmal zuschlagen. Durch bewusstere Kaufentscheidungen bleibt uns am Ende vielleicht sogar mehr Geld für besondere Dinge, die uns noch befriedigendere Kicks verschaffen.

Indem wir nur die für uns wichtigen Dinge kaufen, ersparen wir uns zudem den Stress des Verkaufens. Wir kaufen nicht mehr blind ein, um dann irgendwann festzustellen, dass wir das Teil nicht mehr brauchen, es aber noch zu wertvoll ist, es einfach wegzuschmeißen oder zu verschenken.

Doch auch das Verkaufen hat seinen Reiz. Jeder auf dem Flohmarkt eingenommene Euro ist ein hart verdienter. Jedes verkaufte Teil bedeutet eine Trennung auf Lebenszeit. Vieles spielt sich beim Verkaufen im Kopf ab.

Indem wir nicht mehr regelmäßig Krempel kaufen, den wir dann auch nicht mehr verkaufen müssen, entsagen wir uns gleichzeitig den dabei entstehenden, teils sehr intensiven Gefühlen.

Doch unser Leben muss nicht trist und langweilig sein, nur weil wir uns nicht jede Woche mehrmals zur Aufheiterung etwas kaufen. Auch der harte Weg des Verzichts stellt eine Herausforderung dar, die uns kurz- und langfristig eine intensive Auseinandersetzung mit uns selbst und unseren Zielen abverlangt. Jeder kleine Sieg über unsere und die uns von Industrie und Handel diktierten Bedürfnisse kann zu ähnlichen Hochgefühlen wie ein neues Paar Socken oder eine kleine Figur aus Terracotta führen.

Spürst du einen Kick beim Verzicht? Fühlst du dich gut, wenn du etwas bewusst nicht kaufst, obwohl du es eigentlich doch schon ganz gerne haben möchtest? Freust du dich dann eher über das gesparte Geld oder deinen eisernen Willen?

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